Jahrgang 4 (2014)



Skriptum 4 (2014), Heft 1

Vorwort der Herausgeber
Die Herausgeber stellen die Ausgabe 4 (2014), Nr. 1 vor.
Blick in die Historikerwerkstatt: Informatik und Altertumswissenschaften – Vom Nutzen und Einsatz etablierter Methoden digitaler Visualisierungen auf Ausgrabungen in der Türkei (Metropolis, Ionien)
Die Autoren nehmen die Zusammenarbeit von Informatik und Altertumswissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg in den Blick und geben einen Einblick in Methoden digitaler Visualisierungen. Als Paradigma dienen die Ausgrabungen und Surveys auf dem Gebiet der antiken Stadt Metropolis in der heutigen Türkei. Vorgestellt werden mögliche Arten des Scannens (Streifenlichtscanning, Infrarottechnik) und im Anschluss daran deren Vor- und Nachteile diskutiert. Abschließend wird die Inkorporierung der erhobenen Daten innerhalb der Epigraphische Datenbank Erlangen-Nürnberg (EDEN) vorgestellt und die möglichen Perspektiven für die beteiligten Geisteswissenschaften – auch im Bezug auf die Lehre – sowie für die Informatik aufgezeigt.
Einstein erlangt Weltruhm – Eine vergleichende Rezeptionsgeschichte der allgemeinen Relativitätstheorie in Großbritannien und Deutschland 1919-1920
Heute ist Albert Einstein der Archetypus eines Wissenschaftlers. Sein Weltruhm hat seine Wurzeln in der revolutionären Bestätigung seiner Allgemeinen Relativitätstheorie während der Sonnenfinsternis im Mai 1919 und der späteren Präsentation der erhaltenen Ergebnisse. Mit einer starken Resonanz in der Wissenschaftsgemeinde und in der Öffentlichkeit kann die Berichterstattung der Presse als Hauptfaktor für das Bild Einsteins in der Vergangenheit, die bis heute widerhallt, ausgemacht werden. Die politische Situation direkt nach dem Ersten Weltkrieg gibt dieser Episode der Wissenschaftsgeschichte eine Kulisse, in der viele Einsichten in die Wechselwirkungen zwischen Naturwissenschaften, Politik, die Presse und internationale Verhältnisse am Übergang von 1919-1920 gefunden werden können.
Die Menschen der Virginia Company of London und der Compagnie de la Nouvelle-France – zwei frühneuzeitliche Handelskompanien im Vergleich
Obwohl in der Allgemeinheit die Ansicht herrscht, dass das englische und französische Ausgreifen nach Nordamerika weitgehend erforscht sei, wundert man sich, dass beide Länder in ihren Ambitionen in der Neuen Welt noch nie im Bezug auf ihre anfänglichen Kompanien verglichen worden sind. Der vorliegende Beitrag versucht genau diese Wissenslücke zu schließen, indem die Virginia Company of London von 1606 und die Compagnie de la Nouvelle-Francevon 1627 miteinander in Beziehung gesetzt und in den historischen Kontext des Beginns der europäischen Überseeexpansion einordnet werden. Darüber hinaus findet ein Vergleich der Mitglieder der jeweiligen Kompanien statt, um aufzuzeigen, was an der Kompanie jeweils ‚typisch‘ englisch respektive französisch gelten kann.
Die Ukraine 1848-1918 – Von den ersten politischen Strömungen bis zur Nationsbildung
Die Autorin nimmt die politischen Umbrüche in der Ukraine seit 2013 zum Anlass, sich mit der politischen Entwicklung des Landes während des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts auseinanderzusetzen. Sie fragt nach der politischen und kulturellen Ausgangssituation einzelner Regionen sowie von Stadt und Land, zeichnet Entwicklungen und Entstehungsprozesse politischer Parteien – auch in ihrer Vebrindung zum Ausland – nach und zeigt inwieweit es zu erfolgreichen Versuchen einer ‚Nationsbildung‘ kam. In einem Exkurs geht die Autorin zudem auf das aktuelle ukrainische Geschichtsbild und die ‚erinnerungspolitischen‘ Tendenzen in Schulbüchern und Bildungssystem ein.
Rezension: Historik – Theorie der Geschichtswissenschaft – Jörn Rüsen
Matthias Mader rezensiert Jörn Rüsen: Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln u.a.: Böhlau 2013. 322 Seiten. ISBN 978-3412211103.

Skriptum 4 (2014), Heft 2

Vorwort
Die Herausgeber stellen die Ausgabe 4 (2014), Nr. 2 vor.
Blick in die Historikerwerkstatt: „Aus Geschichten Geschichte machen“ – Vom Beruf des historischen Dienstleiters
Das Geschichtsbüro Reder, Roeseling & Prüfer, Köln versteht sich als historischer Dienstleister für Angewandte Geschichte. Im Spannungsfeld zwischen den Wissensstandards akademischer Geschichtswissenschaft und den Kommunikationsverfahren von Marketingagenturen ist es das Hauptziel der Agentur, Geschichte nutzbar zu machen. Vor dem Selbstverständnis der Angewandten Geschichte als eigenständige Wissens- und Kommunikationsform erarbeitet das Geschichtsbüro vor allem im Auftrag von Wirtschaftsunternehmen historische Darstellungen der Unternehmensgeschichte in medialer Form (Bücher, Broschüren, Zeitschriften, Film- und Audioaufnahmen sowie Webinhalte) und dient als Berater für Archivkonzeptionen.
Unterrichtsentwurf: „Paneuropa“ – eine utopische Europaidee?
Annika Jücker thematisiert in ihrem Unterrichtsentwurf „Paneuropa“ – eine utopische Europaidee? das Paneuropa-Konzept von Richard N. Coudenhove-Kalergi im Rahmen der Binnenreihe Europaideen im 20. Jahrhundert. Sie liefert sowohl einen Einblick in eine Europaidee des beginnenden 20. Jahrhunderts als auch eine interessante Herangehensweise an die historische Entwicklung Europas im Geschichtsunterricht. Mit Hilfe verschiedener Quellengattungen (Karikatur, Rede, Zitat) sollen den Schülerinnen und Schülern eines Leistungskurses die Anfänge und die Problematik dieses europäischen Zusammenschlusses näher gebracht werden, um sie zu einem kritischeren Umgang mit der heute selbstverständlich erscheinenden EU anzuregen und sie für ein mögliches „Europabewusstsein“ zu sensibilisieren.
„Keine Krankheit im üblichen Sinne“ – Männliche Homosexualität im Blickfeld des Bundestags, 1968–1982
Tobias Jakobi beschäftigt sich in seinem Beitrag „Keine Krankheit im üblichen Sinne“ mit dem Blick des Bundestages auf die männliche Homosexualität während der 70er Jahre. Ziel ist es aus den Quellen einen Diskursfaden herauszuarbeiten, der als Anknüpfungspunkt für eine tiefergehende diskursanalytische Auseinandersetzung stehen kann. Anhand von Drucksachen und Plenarprotokollen werden daher der Umgang mit Paragraph 175 StGB, die Diskussion um Pornographie und die Krankhaftigkeit von Homosexualität sowie der Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität und die Frage nach Verfolgung Homosexueller während des sogenannten Dritten Reiches und damit zusammenhängende Fragen bezüglich Wiedergutmachungsleistungen in den Blick genommen. Jakobi zeigt auf, dass zwar eine Entkriminalisierung und eine zunehmende Entpathologisierung eintrat, aber dennoch kein durchgreifender gesellschaftlicher Wandel und somit auch keine ‚Normalisierung‘ von Homosexualität stattfand.
Die Selbstverortung des Essener Damenkapitels im Rahmen der landständischen Verfassung im Landesgrundvergleich des Essener Stiftes vom 1. September 1794
Das kaiserlich-freiweltliche Damenstift Essen war eines der wenigen Territorien des Reiches, in dem Frauen konstitutionell – als Fürstin-Äbtissinnen und im Damenkapitel – an der Landesherrschaft beteiligt waren. Die vorliegende Untersuchung versucht anhand des Essener Landesgrundvergleichs von 1794, der einen Rechtsstreit zwischen den Landständen und der Fürstin-Äbtissin Maria Kunigunde von Sachsen beilegen sollte, das Selbstverständnis des Damenkapitels am Ende des Alten Reichs aufzuzeigen. Mit der Aushandlung des verfassungsähnlichen Vertrages gelang es den Chordamen ihre Selbstsicht als erster Landstand, Repräsentant des Stiftes und alleiniger Wahlkorpus gegenüber den anderen Ständen, dem männlichen Kanoniker-Kapitel und der Fürstin-Äbtissin zu behaupten.
Mobilisierung des amerikanischen Volks zum Eintritt in den Ersten Weltkrieg mithilfe von Bildpropaganda
Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit der Fragestellung, wie es der US-Regierung unter Präsident Woodrow Wilson nach Jahren der Neutralität 1917 gelingen konnte, eine multikulturelle Bevölkerung von der Notwendigkeit eines amerikanischen Eintritts in den Ersten Weltkrieg zu überzeugen. Es wird davon ausgegangen, dass die staatliche Bildpropaganda durch die Suggestionskraft der Bilder einen wichtigen Beitrag dazu leistete, die mehrheitliche Zustimmung der US-Bürger zu gewinnen, was letztlich auch die Totalisierung dieses Krieges verdeutlicht. Exemplarisch wird an drei Postern des Committee on Public Information und der U. S. Food Administration gezeigt, wie die Konstruktion von Feindbildern und das Einbinden von Kindern und Emigranten dazu beitragen konnten, den patriotischen Geist des Betrachters und das Bild einer nationalen Einheit zu wachzurufen.