Blick in die Historikerwerkstatt: „Aus Geschichten Geschichte machen“ – Vom Beruf des historischen Dienstleiters
von Thekla Keuck
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Das Geschichtsbüro Reder, Roeseling & Prüfer, Köln versteht sich als historischer Dienstleister für Angewandte Geschichte. Im Spannungsfeld zwischen den Wissensstandards akademischer Geschichtswissenschaft und den Kommunikationsverfahren von Marketingagenturen ist es das Hauptziel der Agentur, Geschichte nutzbar zu machen. Vor dem Selbstverständnis der Angewandten Geschichte als eigenständige Wissens- und Kommunikationsform erarbeitet das Geschichtsbüro vor allem im Auftrag von Wirtschaftsunternehmen historische Darstellungen der Unternehmensgeschichte in medialer Form (Bücher, Broschüren, Zeitschriften, Film- und Audioaufnahmen sowie Webinhalte) und dient als Berater für Archivkonzeptionen. Jedes Produkt unterscheidet sich in Perspektive, Zweck, Ziel, Sprache und Gestaltung. Dabei zeichnet alle Erzeugnisse die Selbstreflexion der Geschichte eines Kunden durch Geschichte aus. Dieser Doppelcharakter macht die Angewandte Geschichte zu einer eigenständigen Form praktischer Geschichtskultur. Die Rezeption der eigenen Vergangenheit dient der Identitätsbildung eines Unternehmens in der Gegenwart und hat Auswirkungen auf seine zukünftige Entwicklung. Dass heute immer mehr Wirtschaftsunternehmen an der historischen Reflexion interessiert sind, wird am Erfolg des Geschichtsbüros deutlich und bestätigt zugleich die Bedeutung von Angewandter Geschichte für die gegenwärtige und künftige Gesellschaft.
Abstract
The Geschichtsbüro Reder, Roeseling & Prüfer, Cologne sees itself as a service provider for applied history. Between the poles of historical scholarship’s standards for knowledge and the communicational procedures of marketing agencies, the Geschichtsbüro’s main goal is to make history serviceable. Understanding applied history as an independent form of knowledge and communication, the Geschichtsbüro mainly compiles historical accounts of corporate history for business organizations and provides advice for the creation and maintenance of archives. The historical accounts are presented in different media formats such as books, leaflets, magazines, movies, audio files, and online content. Each media product differs in perspective, purpose, objective, language, and design. The products distinguish the client’s historical self-reflection through history. This dual nature elevates applied history to an independent form of historical culture in practice. Engaging in in-house history aides in the formation of corporate identity in the present, and influences future developments. The Geschichtsbüro’s success emphasizes that an increasing number of business organizations are showing an interest in historical reflection, and confirms the relevance of applied history in today’s as well as tomorrow’s business culture.
„Nichts ist so spannend wie Ihre Geschichte!“
‹1› Mit diesem Claim wirbt das Geschichtsbüro Reder, Roeseling & Prüfer um Kunden. Wir recherchieren, schreiben, gestalten und produzieren Firmen- und Verbandsgeschichten. Dabei verbinden wir wissenschaftliche und sprachliche Kompetenz mit einer ansprechenden und modernen Gestaltung, um verständliche, spannende und unterhaltsame Geschichten zu erzählen. Mit unseren Büchern unterstützen wir die Unternehmenskommunikation unserer Kunden und beraten sie bei der Nutzung ihrer Geschichte. Mit inzwischen mehr als 150 Firmen- und Verbandsgeschichten zählt das Geschichtsbüro Reder, Roeseling & Prüfer zu den führenden historischen Dienstleistern im deutschsprachigen Raum.
‹2› Gegründet wurde das Geschichtsbüro 1999 von Dirk Reder und Severin Roeseling in einem mexikanischen Restaurant im Kölner Westbahnhof. Die Beiden hatten zusammen an der Universität zu Köln Mittlere und Neuere Geschichte studiert. 2001 stieß ihr Studienkollege Thomas Prüfer dazu, der viele Jahre journalistisch für die Deutsche Welle gearbeitet hatte. Der erste große Auftrag kam vom IBENA Textilwerk Beckmann mit Sitz in Bocholt und Rhede: eine Publikation zum 175. Firmenjubiläum. Andere Kunden waren Rodenstock, Kali & Salz, ARAG und Melitta. Zum 90-jährigen Jubiläum von BRAUN recherchierte und schrieb das Geschichtsbüro eine Unternehmensgeschichte, erschienen im hauseigenen Verlag. „Das Buch ist als kulturelles Artefakt von hohem Wert und Nachhaltigkeit immer noch unschlagbar, gerade für Unternehmen“, betont Dirk Reder im Gespräch mit Jürgen Bräunlein für einen Beitrag in der Zeitschrift „Das Archiv“ über History Marketing als neues Arbeitsfeld für Historiker.1) 15 Jahre nach dem Abend beim Mexikaner beschäftigen die Firmeninhaber ein erfahrenes Team fester und freier Mitarbeiter: drei Projektleiterinnen, einen Vertriebsassistenten, einen Produktioner, drei Studentische Hilfskräfte, eine Buchhalterin sowie rund 15 freiberufliche Historiker als Autoren, die meisten promoviert. Hinzu kommen zahlreiche Kooperationspartner wie Grafiker, Übersetzer, Lektoren, Mediendesigner, Fotografen, Eventmanager und Drucker.
Agentur für Angewandte Geschichte
‹3› Als Agentur für Angewandte Geschichte sorgt das Geschichtsbüro dafür, dass Geschichte nicht im Archiv verstaubt, sondern lebendig wird. Als Historiker erforschen wir die Geschichte unserer Kunden wissenschaftlich genau und vor dem Hintergrund der Zeit- und Branchenentwicklung. Als journalistisch geschulte und erfahrene Autoren schreiben wir Texte, die sowohl der Fließbandarbeiter als auch der Vorstandsvorsitzende eines börsennotierten Unternehmens mit Spaß und Interesse lesen. Dabei sind wir ein Wirtschaftsunternehmen: Wir produzieren und handeln mit Geschichten. Wir sind historische Dienstleister und betreiben Angewandte Geschichte. Zugleich geht es um mehr als die ökonomische Verwertung historischen Wissens. Unser Ziel ist es, Geschichte nutzbar zu machen. Unser Anspruch: die Geschichtsschreibung aus dem akademischen Elfenbeinturm herauszuholen und sie einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Dabei setzen wir auf eine Kombination von wissenschaftlicher Forschung, literarisch populärer Darstellung und grafisch anspruchsvoller Gestaltung.
‹4› Was wir betreiben ist Angewandte Geschichte.2) Dahinter steht die Überzeugung, dass Geschichte mehr ist als geschichtswissenschaftliche Grundlagenforschung. Als Geschichtskultur ist sie wesentlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens: Die Menschen erleben Geschichte in Museen, in Ausstellungen, im Fernsehen, im Kino, in Videospielen, im Internet oder in populären Büchern. Für diese Formen von Geschichtsvermittlung gibt es eine Nachfrage und damit einen Geschichtsmarkt, auf dem sich unterschiedliche Anbieter tummeln. Die Spannbreite reicht von Universitätsprofessoren über Geschichtsjournalisten bis hin zu Marketingagenturen und historischen Dienstleistungsanbietern wie dem Geschichtsbüro Reder, Roeseling & Prüfer.
‹5› Als Agentur für Angewandte Geschichte bewegt sich das Geschichtsbüro im Spannungsfeld zwischen den Wissensstandards akademischer Geschichtswissenschaft und den Kommunikationsverfahren von Marketingagenturen. Unsere Geschichtsschreibung ist weder das eine noch das andere. Wir arbeiten wie eine Agentur, sind jedoch davon überzeugt, dass nicht die Verpackung, sondern der Inhalt die Botschaft ist. Wir benutzen geschichtswissenschaftliche Verfahren und Erkenntnisse, sehen diese aber nicht als Selbstzweck, sondern als Grundlage glaubwürdiger Geschichtsdarstellungen für ein breites Publikum. Angewandte Geschichte ist eine eigenständige Wissens- und Kommunikationsform. Das Wissen der Angewandten Geschichte ist im Unterschied zum akademischen praktisch. Es folgt nicht theoretischen Fragestellungen, sondern geht von der Wirkung aus, die es erzielen will. Die kommunikative Wirkung der Angewandten Geschichte wiederum ist im Unterschied zu der von Marketingkampagnen im Wissen verwurzelt. Die Angewandte Geschichte macht Geschichte im doppelten Sinne, denn sie wirkt auf ihren Gegenstand ein, indem sie dessen Geschichte schreibt. So ist die Jubiläumsschrift ein Moment der Selbstreflexion eines Unternehmens oder Verbandes. Sie verändert die Wahrnehmung des Unternehmens von außen mit Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung.
Populärwissenschaftliche Geschichtsvermittlung
‹6› Als Agentur unterstützen wir unsere Kunden mit unseren Produkten bei der Vermittlung ihrer zentralen Kommunikationsbotschaften. Gemeinsam mit den Kunden suchen wir die beste mediale Präsentationsform für deren Geschichte – als repräsentatives Buch, kurzweilige Broschüre oder unterhaltsame Zeitschrift. Wir machen aus Geschichte spannende Filme oder interessante Ausstellungen, wir produzieren Hörbücher, eBooks oder Internet-Content. Dabei zeichnet sich jedes Produkt durch Perspektive, Zweck, Ziele, Sprache und Gestaltung aus.
‹7› Wir nehmen den Standpunkt des Unternehmens ein, versuchen dessen subjektive Sicht zu verstehen und in eine individuelle Geschichte umzusetzen, ohne dabei die Objektivität wissenschaftlicher Verfahren aufzugeben. Wir gehen, wenn man so will, auf Halbdistanz, die sich nicht mit dem Unternehmen identifiziert, es aber auch nicht von außen betrachtet, sondern mit Empathie. Wir begreifen das Unternehmen nicht als Objekt der Geschichtsschreibung, sondern als Subjekt seiner Geschichte. Wir rekonstruieren die Geschichte nicht von ihren Anfängen her und folgen jeder Verästelung, sondern wir fragen, wie das heutige Unternehmen entstanden ist.
‹8› Unsere Unternehmensgeschichten verfolgen eine Reihe von praktischen Zielen: Dazu gehören die Bildung von Identität, die Sicherung und Vermittlung historischen Wissens, die Pflege der Reputation, das Einschreiben in die Geschichte von Branche oder Region, vor allem aber die Schaffung von Vertrauen. Diese Wirkung entfaltet die Geschichte nur, wenn sie wahrhaftig ist. Wahrhaftigkeit entsteht durch eine lebendige und authentische Erzählung, deren Glaubwürdigkeit auf dem offenen Umgang des Unternehmens mit seiner Geschichte beruht. Das gilt auch für kritische Themen wie Gründungs- und andere Mythen, die NS-Zeit oder die Schilderung der Gegenwart.
‹9› Um diese Ziele zu erreichen, bedient sich das Geschichtsbüro einer allgemein verständlichen und lebendigen Sprache und meidet Theorie und Fachjargon. Verständlichkeit, die aus Verstehen resultiert, steht an oberster Stelle. Diesem Ziel dient auch die ansprechende Gestaltung der Bücher, die den Text unterstützt, aber darüber hinaus auch einen eigenen Wert bekommt. Nur so kann historisches Wissen wirksam werden.
Wissenschaft trifft Praxis
‹10› Angewandte Geschichte unterscheidet sich nicht nur in Perspektive, Zweck, Zielen und Sprache von der akademischen Geschichtsschreibung auf der einen und Marketingagenturen auf der anderen Seite, sondern auch durch ihre Arbeitsweise. Ihr Ziel ist ein „guter Text“. Er basiert auf wissenschaftlicher Redlichkeit sowie auf Kundennähe. Unsere Teamarbeit zielt durch ständige Absprachen und einen intensiven Textüberarbeitungsprozess auf den guten Text mit einem möglichst ökonomischen Zeitaufwand. Der Text entsteht aus der Zusammenarbeit von Autor und Redakteuren, am Ende oft noch beeinflusst durch Hinweise und Änderungswünsche des Kunden. Die Grundlage für einen guten Text ist hartnäckige Suche nach und gründliche Auswertung der Quellen, Nutzung der einschlägigen Fachliteratur, kritische Haltung zu älteren Geschichtsüberlieferungen aus dem Unternehmen, Aufgreifen von Fragen der modernen Unternehmensgeschichtsschreibung, Einbettung der Unternehmensgeschichte in die Branche, die Region, die Wirtschaft, Nachprüfbarkeit für den Kunden durch Belege beziehungsweise Endnoten im Manuskript.
Ein „typischer“ Arbeitstag
‹11› Im Geschichtsbüro gibt es verschiedene Berufsfelder. Wir arbeiten als Rechercheure, Autoren, Redakteure, Coacher, Marketingexperten, Akquisiteure, Personal-, Kommunikations- und Eventmanager. Die Spannbreite unserer Aufgaben hat einen gemeinsamen Nenner: Wir sind ausgebildete Historiker. Exemplarisch für den Werdegang einer Projektleiterin im Geschichtsbüros mag meine Biografie stehen: Ich bin promovierte Historikerin mit Schwerpunkt deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit. Seit sechs Jahren arbeite ich im Geschichtsbüro, zunächst als freie Autorin, seit 2009 als fest angestellte Projektleiterin. Als Projektleiterin bin ich in wechselnden Teams verantwortlich für Projektplanung und -koordination, die Vertretung des Geschichtsbüros gegenüber den Kunden, Briefing und Unterstützung der Autoren, Konzeptentwicklung, Textredaktion, Bildauswahl, Koordination von Übersetzung und Layout, Abstimmung mit Kunden, Begleitung der Produktion bis zur Drucklegung, Budgetkontrolle, Cross-Selling und After Sales Services. Außerdem bin ich für das Autorenrekrutierung zuständig und betreue die Bibliothek des Geschichtsbüros.
‹12› Den typischen Arbeitstag gibt es nicht. Dass jeder Tag anders ist, macht die Arbeit im Geschichtsbüro so spannend. Da unsere Kunden sich über das gesamte Bundesgebiet verteilen, reisen wir kreuz und quer durch die Republik: von Cottbus nach Saarbrücken, von Memmingen nach Hamburg. Neben bekannten Markenunternehmen zählen die Hidden Champions zu unseren Kunden, also jene mittelständischen Unternehmen, die in Nischensegmenten Europa- oder Weltmarktführer sind. Oft liegen die Firmensitze – historisch begründet – in der deutschen Provinz. Ortschaften, von deren Existenz wir niemals etwas erfahren hätten, bilden für ein Jahr – solange dauert ein „typisches“ Geschichtsbüro-Projekt – den Mittelpunkt unseres historischen Denkens. Reisen wir nicht von West nach Ost oder von Süd nach Nord, sondern sitzen in unserem Büro im Kölner Agnesviertel, besteht ein „typischer“ Arbeitstag zum großen Teil aus Kommunikation: mit Kollegen, Autoren, Grafikerin, Übersetzern und Kunden – per E-Mail oder Telefon. Ganz oben steht außerdem das Lesen von Textbeiträgen aller Art: Buchkapitel, Artikel oder Ausstellungsbeiträge. Das Schreiben oder Lesen von einem Strategiepaper für eine interne Besprechung sowie die Vorbereitung der nächsten Recherchereise ins Bundesarchiv oder in ein anderes Archiv kommen hinzu. Wenn eine Ausschreibung für Autorenkollegen läuft, sichte ich die eingehenden Bewerbungen und führe gemeinsam mit einem Geschäftsführer die Gespräche. Für die Bibliothek habe ich die Neuerscheinungen im Blick: Welche Bücher sind für neu anlaufende Projekte interessant? Welche der Neuerscheinungen zum Ersten Weltkrieg bieten Erkenntnisse für den Bereich der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte? Außer der ständigen Zeitnot und den Versuchen, die Arbeit sinnvoll zu strukturieren, bleibt die Herausforderung, mich nicht nur im Projektmanagement stetig weiterzubilden, sondern auch als Historikerin auf dem aktuellen Forschungsstand zu bleiben. Oft ist dafür nur abends oder am Wochenende Zeit. Neben dem Einhalten von Deadlines, Teambesprechungen und der Kundenbetreuung bedeutet Arbeiten im Geschichtsbüro für mich auch konstruktive Gespräche, Wissensaustausch, Geschichtsvermittlung, innovative Ansätze im Bereich der Angewandten Geschichte, kreative Buchgestaltung und Spaß an der gemeinsamen Arbeiten.
Von A wie Ausstellungstafel bis Z wie Zeitschriftenbeitrag
‹13› Wie kann ein Projekt verlaufen? Einer unserer Kunden aus der Möbelbranche, für den wir vor ein paar Jahren seine Unternehmensgeschichte geschrieben haben, kontaktiert mich im Sommer: „Wir brauchen für unsere Hausmesse im September Ausstellungstafeln, die unsere Besucher über unsere Unternehmensgeschichte informieren. Wann können Sie vorbei kommen und sich die Räumlichkeiten ansehen?“ Zwei Tage später bin ich mit unserem Grafiker unterwegs. Bespielt werden soll ein etwa 15 Meter langer Gang, der vom Eingangsbereich zu den Showrooms führt. Gewünscht sind zehn 1 x 1 Meter große Dibondtafeln – mit Blick auf die ausländischen Besucher – auch in Englisch. Schrift und Farbigkeit sollen dem Corporate Design des Unternehmens entsprechen. Unsere Aufgabe: Für jede Tafel einen Meilenstein der Unternehmensgeschichte bestimmen, dazu kurze, „knackige“ Texte schreiben und passende Bilder im Firmenarchiv suchen. Jeder Meilenstein soll außerdem mit einem Meilenstein der Weltgeschichte kombiniert werden. Noch auf der Zugrückfahrt entwickeln der Grafiker und ich ein Konzept.
‹14› An wen richten sich die Tafeln? An die Besucher der Hausmesse, die neugierig auf die neue Möbelkollektion sind. Voller Erwartung betreten sie das Haus und möchten zügig zu den Showrooms gelangen. Auf dem Weg dorthin werden sie auf das Unternehmen eingestimmt – mithilfe der Ausstellungstafeln. Wie können wir das Interesse der Besucher wecken? Über die Bilder in Kombination mit einem zentralen gestalterischen, wiederkehrenden Element. Hierfür wählen wir einen Kasten in der Hausfarbe unseres Kunden. Er verweist auf die Kastenbauweise der Möbel. Im Kasten steht der Text zu den Meilensteinen – immer an der gleichen Stelle. Das ermöglicht den Besuchern, die Historie auch im Vorbeigehen zu erfassen. Historische und aktuelle Produktions- und Produktbilder „umrahmen“ den Textkasten. Das Konzept: eine Introtafel, acht Meilensteintafeln sowie eine Schlusstafel. Die erste und die letzte Tafel unterscheiden sich im Layout von den anderen Tafeln. Sie bilden die inhaltliche Klammer: Die erste Tafel informiert den Besucher über das, was ihm die Tafeln zeigen werden – die Unternehmensgeschichte. Die letzte Tafel bietet einen Einblick in die heutige Produktpalette des Unternehmens – bevor sich mit dem nächsten Schritt die Showrooms vor den Besuchern öffnen. Außerdem schlagen wir eine Tag-Cloud aus den Schlagworten der Unternehmensclaims vor. Unser Konzept überzeugt unseren Kunden. Uns bleiben drei Wochen für die Realisation und eine Woche für die Produktion der Tafeln. Anfang September werden die Hausmesse und „unsere“ kleine Ausstellung eröffnet.
‹15› Nicht immer verläuft die Abstimmung mit den Kunden so reibungslos wie in diesem Projekt. Gerade bei Buchprojekten kann sich die Text- und Layoutabstimmung über mehrere Wochen hinziehen. Aber wenn wir das Buch dann in unseren Händen halten und die Kunden zufrieden sind, haben wir alles andere längst wieder vergessen.
Public History oder „klassische“ Geschichtswissenschaft?
‹16› Dirk Reder, Severin Roeseling und Thomas Prüfer betraten mit der Gründung des Geschichtsbüros Neuland. Zeitgleich entstanden um die Jahrtausendwende ähnliche Büros in Berlin, Hamburg oder Karlsruhe, um Firmen bei der Nutzung ihrer Geschichte für die Unternehmenskommunikation professionell zu begleiten.3) Heute gibt es zahlreiche Geschichtsagenturen, Einzelkämpfer und auch die Zahl der Anbieter aus dem universitären Bereich nimmt zu – eine Entwicklung, die mit der Etablierung des Studiengangs Public History/Angewandte Geschichte zusammenhängt. Inzwischen gibt es zwei Professuren für Public History beziehungsweise Angewandte Geschichte – an den Universitäten in Heidelberg und Köln. An der Ludwig-Maximilians-Universität München wird zum Sommersemester 2015 eine Professur für Didaktik der Geschichte und Public History eingerichtet.4) Die Zahl der Studiengänge in diesem Bereich nimmt zu.5) Darüber hinaus wurde im Rahmen des 49. Historikertages 2012 in Mainz die Arbeitsgruppe Angewandte Geschichte/Public History im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. (VHD) gegründet, die seitdem regelmäßig Konferenzen und Workshops veranstaltet.6) Für die nächste Generation Public Historians gibt es also eine Reihe von Möglichkeiten, sich bereits während der Ausbildung auf einen späteren Beruf außerhalb von Universität und Schule vorzubereiten.
Fußnoten
- http://www.geschichtsbuero.de/wp-content/uploads/2013/08/DAS-ARCHIV_Zukunft-braucht-Herkunft.pdf »
- Vgl. Obermüller, Gerhard/Prüfer, Thomas: Aus Geschichten Geschäfte machen. Kleine Pragmatik des Historischen, in: Nießer, Jacqueline/Tomann, Juliane (Hrsg.): Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit, Paderborn, München, Wien, Zürich 2014, S. 77–96. »
- http://www.geschichtsbuero.de/wp-content/uploads/2013/02/FAZ-Hochschulanzeiger-Mai-2011-Geschichte-studiert.jpg »
- http://www.uni-muenchen.de/aktuelles/stellenangebote/profs/20140924144259.html »
- Zündorf, Irmgard: Zeitgeschichte und Public History, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.2.2010, URL: http://docupedia.de/zg/Public_History?oldid=84652 »
- http://www.historikerverband.de/arbeitsgruppen/ag-angewandte-geschichte.html »
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Autoreninformation
Dr. Thekla Keuck studierte in Köln und Jerusalem Geschichte, Germanistik und Osteuropäische Geschichte und promovierte 2008 mit einer Untersuchung über eine bedeutende jüdische Familie im Berlin des 18. Jahrhunderts.
Seit 2008 arbeitet sie für das Geschichtsbüro, zunächst als freie Autorin und seit Ende 2009 als Projektleiterin.
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Blick in die Historikerwerkstatt: „Aus Geschichten Geschichte machen“ – Vom Beruf des historischen Dienstleiters – von Thekla Keuck
Gesamtausgabe Skriptum 4 (2014), Nr. 2
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Zitationshinweis:
Thekla Keuck: Blick in die Historikerwerkstatt: „Aus Geschichten Geschichte machen“ – Vom Beruf des historischen Dienstleiters, in: Skriptum 4 (2014), Nr. 2, URN: urn:nbn:de:0289-2014122010, Abs. XY [Datum des Zugriffes].