Aktuelle Ausgabe

Liebe Leserinnen und Leser,

Die diesjährige Ausgabe von Skriptum spiegelt sowohl aktuelle, öffentliche und gesellschaftspolitische als auch persönliche und redaktionsinterne Veränderungen wieder. Zunächst stellt der neue Untertitel Studentische Onlinezeitschrift für Geschichts- und Kulturwissenschaften eine Anpassung an die Verlagerung der Chefredaktion an die Universität des Saarlandes (UdS) dar und verspricht eine breite Themenpalette, die sich in erster Linie auf den Saarbrücker Studiengang der Historisch orientierte Kulturwissenschaften1) stützt. Mit Hilfe des ersten Sprechers dieses Studiengangs Prof. Dr. Clemens Zimmermann konnte Chefredakteurin Katharina Thielen interessante Beiträge aus studentischer Hand zusammentragen, die vor allem kultur- und medienhistorische Themen umfassen, zu einem Großteil der Epoche der Zeitgeschichte zuzuordnen sind und teilweise auf aktuelle Ereignisse rekurrieren. So wird unter anderem der gesellschaftspolitische Stellenwert von kritischem Journalismus unterstrichen, die schwierige Situation von Flüchtlingen in historischer Perspektive diskutiert und die Frage nach einer europäischen, nationalen und/oder regionalen Identität gestellt. Daneben bleibt uns – wie in Skriptum 5 (2015) angekündigt – die Fachdidaktik ein wichtiges Anliegen, sodass auch in der diesjährigen Ausgabe ein Beitrag aus dieser Sparte stammt. Auch wurden die durch die beiden Herausgeber ohnehin gegebenen Verbindungen zur Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und dem Verein der Freunde der Geschichtswissenschaft (VFG) keineswegs vollständig abgebrochen. Im Gegenteil: Durch den seit zwei Jahren bestehenden Master-Studiengang Digitale Methodik in den Geschichts- und Kulturwissenschaften2) kündigen sich derzeit neue, vielversprechende Kooperationsmöglichkeiten an, die im nächsten Jahr weiterverfolgt werden und zur Weiterentwicklung der Onlinezeitschrift u.a. in technischer Hinsicht beitragen können. In diesem Zusammenhang sei an dieser Stelle noch das neue Logo erwähnt, das als reduzierte Variante des Skriptum-Logos einen ersten Schritt hin zu neuen, zeitgemäßen Gestaltungsansätzen darstellt.

Wenig verändert hat sich die bewährte Reihenfolge der Beiträge. Skriptum 6 (2017) startet mit dem Blick in die Historikerwerkstatt. Dieser führt den Leser ins Saarland, genauer in den Bereich der politischen Bildung und stellt ihm die Tätigkeitsfelder der Stiftung Demokratie Saar3) (SDS) vor. Dabei beginnt Geschäftsführer Bernd Rauls mit einer Einführung in die Hintergründe, Ziele und Angebote der traditionsreichen Einrichtung. Im Anschluss greift Maike Jung, Studentin der Historisch orientierten Kulturwissenschaften an der UdS, einen Bereich der Angebotspalette heraus und gibt dem Leser am Beispiel der Fahrten nach Natzweiler und Saarbrücken einen Eindruck von ihren Aufgaben als Exkursionsleiterin bei der SDS. Es zeigt sich, dass die Aneignung der vor Ort gegebenen Weiterbildungsmöglichkeiten für die Teilnehmer auf der einen und deren Vermittlung für die Exkursionsleiterinnen und - leiter auf der anderen Seite stets von neuem eine Herausforderung darstellen, letztlich aber immer gewinnbringend sind – selbst wenn es sich um ein allgemein wohl eher unbeliebtes Thema wie den Nationalsozialismus handelt.

Nachdem die erlebnisorientierte Wissensvermittlung außerhalb des Klassenraums im Vordergrund stand, rückt Janina Kühner in ihrem Essay die philologische Didaktik des Digitalen im Schulunterricht in den Blickpunkt und stellt neue digitale Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung vor. Konkret beschreibt die Studentin des Darmstädter DH-Studiengangs4) das Potential der Voyant Tools für die Analyse literarischer Texte. Dazu werden Aufgabenstellungen zur Visualisierung zentraler Fragestellungen in Johann Wolfgang Goethes „Die Leiden des jungen Werthers“ (1774) mithilfe ausgewählter Tools erarbeitet, um die Vorteile einer solchen Arbeitsweise sowie potentielle Umsetzungsprobleme zu beleuchten.

Im dritten Beitrag untersucht Ilka Braun den Wandel der bundesdeutschen Presselandschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und stellt Nachforschungen „zur Presserezeption des Stern-Titels „Wir haben abgetrieben!“vom 6. Juni 1971“ an. Mit Hilfe der qualitativen Auswertung ausgewählter Zeitungs- und Zeitschriftenartikel gelingt es der Autorin in ihrer Bachelor-Arbeit die Bedeutung der Medien für die Wandlungsprozesse der ‚langen 1960er Jahre‘ und die damit verbundene Neue Frauenbewegung herauszustellen. Auf der Quellengrundlage des von Alice Schwarzer ins Leben gerufenen Dokumentationszentrum zur Frauenfrage, des FrauenMediaTurms5) in Köln, rekonstruiert sie das Presseecho auf den provokanten Titel und kann verschiedene, durchaus kontroverse Reaktionen aufzeigen. Rückblickend erhellt sich, dass die öffentlichkeitswirksame Aktion sowohl eine entscheidende Etappe innerhalb der Entwicklung vom sogenannten Konsensjournalismus hin zum kritischen Informationsjournalismus als auch auf dem Weg zur Verbesserung der Stellung der Frau war.

Dass dem weiblichen Geschlecht insbesondere in den 1970er Jahren eine dem Mann rechtlich, politisch und gesellschaftlich untergeordnete Rolle zukam, belegt auch Cornell Paul in ihrer Seminararbeit „Der Lebensstil der Rocker während ihrer Etablierung – Ein deutsch-britischer Vergleich einer jugendlichen Subkultur.“ Sie verfolgt eine dezidiert transnationale Perspektive und kann für beide Nationen ähnliche gruppenspezifische Werte innerhalb der Subkultur der Rocker aufdecken. Diese waren die Grundlage für provokante Verhaltensweisen und raue Umgangsformen sowie das äußere Erscheinungsbild und öffentliche Auftreten der Rocker. Dabei sorgten die Lederjacke, das Motorrad, ein bestimmter Musikgeschmack und der dazugehörige Habitus nicht nur für öffentliches Aufsehen, sondern vermittelten spezifische Männlichkeitsideale, die in Großbritannien und in der Bundesrepublik jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt waren.

Warum flüchten Menschen aus ihrem Heimatland? Welche Herausforderungen müssen sie sich in ihrer neuen (Wahl-) Heimat stellen und welche Faktoren bedingen einen erfolgreichen Neuanfang? Diese Fragen stellt sich Christina McMullin in ihrem Essay „Überlegungen zur Lebenswirklichkeit von Flüchtlingen“ und liefert so Denkanstöße zur aktuellen gesellschaftlichen Debatte. Anhand der Lebenswege einer scheinbar zufällig ausgewählten Gruppe deutscher Flüchtlinge im 19. Jahrhundert führt sie zu Tage, dass es keine einfachen Antworten auf solche Fragen gibt und politische Emigration um 1848 im Speziellen und Flucht im Allgemeinen differenziert betrachtet werden sollte.

Zu einer kritischen Herangehensweise rät auch Niclas Pillong, der die erste von insgesamt zwei Rezensionen zur diesjährigen Ausgabe beigesteuert hat. Seine Besprechung von Paul Noltes Werk „Demokratie – Die 101 wichtigsten Fragen“ streift ebenfalls aktuelle gesellschaftliche Problemfelder und stellt ein interessantes Werk vor, dass zur Beschäftigung mit dem Thema Demokratie anregt.

Anna Hoppe bespricht abschließend das Handbuch „Rheinhessen 1816–2016. Die Landschaft – Die Menschen“ von Gunter Mahlerwein. Das Grundlagenwerk zur Geschichte einer vergangenen politischen Verwaltungseinheit und heutigen kulturellen Region wurde 2016 anlässlich des 100. Jubiläums veröffentlicht und führt Skriptum zum Abschluss gewissermaßen zurück in die Heimat: nach Rheinhessen.

Viel Spaß beim Lesen!

Saarbrücken, den 30.04.2017

Katharina Thielen, Dominik Kasper und Max Grüntgens

Fußnoten

  1. http://www.hok.uni-saarland.de/»
  2. https://www.digitale-methodik.uni-mainz.de/»
  3. http://www.stiftung-demokratie-saarland.de/»
  4. https://www.digitalhumanities.tu-darmstadt.de/»
  5. http://www.frauenmediaturm.de/home/»

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